Das Textkorpus von "Narragonien digital"
Das Textkorpus umfasst zwölf deutsche, niederdeutsche, niederländische, lateinische und französische Ausgaben bzw. Bearbeitungen des 'Narrenschiffs', die vor 1500 gedruckt wurden und die Grundlage für die europäische Rezeption bis ins 17. Jahrhundert bildeten.
Die zwölf Ausgaben lassen sich zum einen als Digitalisat, Transkription und ggf. Lesetext in der Synopse aufrufen. Zum anderen sind acht 'Narrenschiffe' einzeln als Lesetext anzeigbar. Alle Narrenschiffe des Textkorpus sind als XML-/TEI-Download verfügbar. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Ausgaben (Näheres jeweils unter "Beschreibung"):
1. Basel (Bergmann von Olpe) 11.2.1494 (GW 5041; editio princeps)
2. Basel (Bergmann von Olpe) 3.3.1495 (GW 5046; editio altera)
3. Basel (Bergmann von Olpe) 12.2.1499 (GW 5047;
editio tertia)
Die Basler "Originalausgaben" waren der Ausgangspunkt für die breite und langwährende Überlieferungsgeschichte (s. Übersicht). Das 'Narrenschiff', das bis 1567 insg. 12 Drucke erfuhr, lässt sich in seinen ersten drei Basler Ausgaben in der Synopse anzeigen. Hinzu tritt die Einzelansicht des Lesetextes, die auf der (bisher unedierten) korrigierten und ergänzten Zweitausgabe vom 3.3.1495 basiert und die Varianten der Erst- und Drittausgabe enthält (s. Beschreibung). [Bearbeiter: Joachim Hamm]
4. Nürnberg (Peter Wagner) 1.7.1494 (GW 5042; editio unica)
Kurz nach der Basler Erstausgabe, am 1.7.1494, brachte der Nürnberger Drucker Peter Wagner einen Nachdruck heraus, der den alemannischen Sprachstand des Basler 'Narrenschiffs' an die dialektalen Gegebenheiten in Nürnberg anpasst (Hartweg 2010) und verkleinerte Reproduktionen der Holzschnitte (von eher trauriger Qualität) bietet. Weitere Nachdrucke, die am "Erfolg" des Basler Narrenbuchs teilhaben wollten, kamen 1494 in Augsburg und Reutlingen auf den Markt. Das Nürnberger 'Narrenschiff' ist bislang unediert. [Bearbeiter: Maximilian Wehner]
5. Straßburg (J. Grüninger) 1494, vor 23.5.1495 (GW 5048; editio princeps)
Wohl Ende 1494 / Anfang 1495 publizierte der Straßburger Drucker Johannes Grüninger die sog. "interpolierte" Fassung des 'Narrenschiffs', die den Basler Textbestand eigenständig um über 3.000 Verse erweitert, aber weiterhin unter Brants Namen firmiert. Verfügbar gemacht wird die Erstausgabe, die mehrere teilweise veränderte Auflagen erfuhr (s. Traditio Narragonica). Das Straßburger 'Narrenschiff' ist bislang unediert. [Bearbeiter: Sebastian Leue, Florian Langhanki, Joachim Hamm]
6. Basel (Bergmann von Olpe) 1.3.1497 (GW 5054; editio princeps)
7. Basel (Bergmann von Olpe) 1.8.1497 (GW 5061; editio altera)
8. Basel (Bergmann von Olpe) 1.3.1498 (GW 5062; editio tertia)
Die 'Stultifera navis' ist die lateinische Bearbeitung des 'Narrenschiffs', die Brants ehemaliger Schüler Jakob Locher bei Bergmann von Olpe am 1.3.1497 mit den Originalholzschnitten erstmals drucken ließ (zur Charakteristik dieser Adaptation vgl. die Beschreibung der Erstausgabe). Die 'Stultifera navis' erfuhr bis 1572 insg. 11 Auflagen und war Vorlage u.a. für die französischen und englischen 'Narrenschiffe'. Die ersten drei Basler Ausgaben werden als Faksimile und Transkription präsentiert. Die zweite, von Brant redigierte Ausgabe (1.8.1497, GW5061) ist zudem als behutsam normalisierter Lesetext mit Registereinträgen und Belegstellen anzeigbar. Die 'Stultifera navis' liegt im Print bislang nur als kommentierte, zweisprachige Teilausgabe vor (Hartl 2001). Eine kritische Hybridausgabe der 'Stultifera navis' mit Übersetzung und Kommentar wird in dem DFG-Projekt Narragonia Latina an der Univ. Würzburg erarbeitet. [Bearbeiter: Joachim Hamm]
9. Paris (J. Lambert für Geoffrey de Marnef) 1497 (GW 5058)
Die Reihe der französischen 'Narrenschiffe' (s. Traditio Narragonica) eröffnet Pierre Riviére mit seiner Versbearbeitung 'Nef des folz du monde' von 1497, die für die breite 'Narrenschiff'-Rezeption in Frankreich steht. Sie entstand sehr bald nach Erscheinen der 'Stultifera navis' und fußt auf deren Erstausgabe (Basel 1.3.1497, GW5054). Eine zweite Bearbeitung, die der Übertragung Rivières folgt, wurde von Jean Drouyn in Prosa verfasst und von G. Balsarin in Lyon 1498 und 1499 gedruckt. In Paris wurde zudem 1499 von Geoffroy de Marnef eine anonyme Prosabearbeitung gedruckt und bis 1583 mehrmals aufgelegt. Rivière behält die gebundene Rede der Vorlage bei, die übrigen frz. Ausgaben sind in Prosa verfasst (und damit singulär in der Überlieferungsgeschichte des ‚Narrenschiffs‘). [Bearbeiter: Brigitte Burrichter]
10. Paris (Etienne Jehannot [?] / André Bocard [?]) für Geoffroy de Marnef) 1499 (GW 5065)
'La Nef des folz du monde' (GW 5065) ist eine freie Prosaübertragung der editio altera von Jakob Lochers 'Stultifera navis' (GW 5061). Die Kapitel sind vollständig in derselben Reihenfolge übernommen. Holzschnitte und Überschriften stimmen mit Pierre Rivieres Versfassung (GW 5058) überein, Motti gibt es nicht, anstelle der Marginalien stehen Versanfänge der lateinischen Vorlage. [Bearbeiter: Brigitte Burrichter]
11. Lübeck (Mohnkopfdruckerei) 1497 (GW 5053)
In der Mohnkopfdruckerei in Lübeck wurde 1497 eine niederdeutsche Bearbeitung des 'Narrenschiffs' gedruckt, die Text und Bild des alemannischen Narrenbuchs für niederdeutsche Leserkreise aufbereitet und sich damit gut in das Verlagsprogramm der Offizin einreiht. Sie basiert sowohl auf dem Nürnberger Narrenschiff (GW 5042) als auch auf der Straßburger Interpolation (GW 5048). Die Transkription wurde freundlicherweise vom Projekt „Mittelniederdeutsch in Lübeck“ (Univ. Münster; Dr. R. Peters, N. Lange) zur Verfügung gestellt. Das niederdeutsche 'Narrenschiff' ist bisher unediert. [Bearbeiter: Rena Buß, Brigitte Burrichter]
12. Paris (für Guy Marchant) 6.6.1500 (GW 5066)
Im Juni 1500 erschien bei Guy Marchand in Paris eine sehr freie niederländische (spätmittelflämische) Bearbeitung des Narrenschiffs. Ein Verfasser ist nicht genannt, vermutlich handelt es sich aber um Josse Bade (Janssen/ Marynissen 2015, 2017). Es handelt sich um ein Prosimetrum mit zum Teil sehr kurzen Kapiteln, die Holzschnitte sind die der Marnef-Ausgabe vom 14. Februar 1499 (1500), zu identifizieren an den Inschriften. Neu ist der Holzschnitt der zweiten Titelseite, der dem Titelholzschnitt der 'Stultifera navis' entspricht. Es gibt Motti mit meistens zwei Versen, die Kapitel sind durchnummeriert und haben bis auf Kapitel 1, 103 und das letzte keine Titel. [Bearbeiter: Brigitte Burrichter]